P R E S S E 
 
Über Täter und Opfer
Die frühen Konzentrationslager in Eutin und Ahrensbök 1933/34


Der Terror begann unmittelbar nach dem Machtantritt am 30. Januar 1933. Nur wenige Wochen nachdem die Nationalsozialisten legal an der Reichsregierung beteiligt wurden, überzogen sie mit Hilfe einer – vom Reichstag verabschiedeten - „Verordnung zum Schutz von Volk und Vaterland“ ganz Deutschland mit einem Netz von frühen Konzentrationslagern. Eingerichtet wurden diese KZs in Gefängnissen wie in Eutin oder in dem leerstehenden Direktionsgebäude einer ehemaligen Zuckerfabrik wie in Ahrensbök.

„Täter und Opfer. Die frühen Konzentrationslager in Eutin und Ahrensbök 1933/34“ heißt ein Vortrag am 15. Oktober 2023, um 15.00 Uhr in der Gedenkstätte Ahrensbök. Referentin ist die Historikerin Ingaburgh Klatt, die mit diesem Vortrag die Ausstellung „Auftakt des Terrors. Frühe Konzentrationslager im Nationalsozialismus“ begleitet. Diese Ausstellung wird bis zum 3. November während der Öffnungszeiten in der Ahrensböker Gemeindebücherei zu sehen sein.

Inhaftiert wurden in den frühen Konzentrationslagern vorrangig politische Gegner aus der Arbeiterbewegung. Die Opfer waren in der Mehrheit Parteimitglieder von SPD und KPD oder Gewerkschaftler, die eingeschüchtert und gedemütigt werden sollten. Unter ihnen war der Stockelsdorfer Landtagsabgeordnete Karl Fick, SPD, der Lübecker Journalist und Bürgerschaftsabgeordnete Fritz Solmitz sowie der Literat und Anarchist Erich Mühsam, der in der Hansestadt aufwuchs.

Unter den Tätern wäre an vorderster Stelle Heinrich Böhmcker zu nennen. Der Nationalsozialist und Rechtsanwalt war ganz legal am 15. Juli 1932 zum Regierungspräsidenten des Landesteils Lübeck des Freistaats Oldenburg, ernannt worden, nachdem bei der Landtagswahl am 29. Mai 1932 die Nationalsozialisten als erstes Land im deutschen Reich die absolute Mehrheit der Sitze erhalten hatten; auch im Landesteil Lübeck – dem späteren Ostholstein – hatte die NSDAP die Wahl gewonnen. Wenige Tage nach Inkrafttreten der „Verordnung zum Schutz von Volk und Vaterland“ richtete Böhmcker im Gerichtsgefängnis von Eutin das frühe KZ ein.

Der Stockelsdorfer Fick wurde zwar drei Monate nach seiner Inhaftierung entlassen, doch nach dem misslungenen Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 erneut verhaftet, ins KZ Neuengamme und Anfang Mai 1945 auf das KZ-Schiff Cap Arcona in Neustadt gebracht. Bei der Bombardierung des Schiffes kam Fick mit etwa siebentausend anderen Häftlingen ums Leben. Der Lübecker Solmitz wurde im frühen KZ Fuhlsbüttel ermordet; er hatte auf Zigarettenpapier die Qual seiner Haft aufgeschrieben und in seiner Taschenuhr verborgen, einen Text, den seine Witwe nach seinem Tod öffentlich machte. Erich Mühsam war am 28. Februar 1933 in Berlin verhaftet und am 10./11. Juli 1934 im KZ Oranienburg ermordet.

Es gibt ein besonderes Beispiel aus Ahrensbök. Anders als nach Kriegsende Sozialdemokraten und Kommunisten häufig der Spaltung der Arbeiterbewegung beschudigt wurden, wird die Referentin in ihrem Vortrag berichten, wie sich junge Ahrensböker Kommunisten und Sozialdemokraten zum „Kampfbund gegen den Faschismus“ zusammenschlossen. Angeführt wurden sie von dem 19-jährigen Willi Sturm, wegen angeblichen Waffenbesitzes im KZ Ahrensbök inhaftiert. Sturm wurde nach Verbüßung mehrerer Haftstrafen zum Militärdienst eingezogen und in Stalingrad schwer verwundet. 1948 sagte er gegen den KZ- Lagerleiter Theodor Tenhaaf und zwei SA-Männer aus, weil sie ihn schwer misshandelt hatten. Tenhaaf wurde zu einer Zuchthausstrafe verurteilt.
 
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